Montag, 5. Juni 2006

Ohne Wissen und Willen

Ein Verkehrsunfall, der unter "blöd gelaufen" fällt und nebenbei die Frage löst, wie lange das "Abschleppen" eines Fahrzeugs dauert (solange kann nämlich der Abgeschleppte Betriebsgehilfe des Abschleppenden sein, sodass sich dieser ein Verschulden des Abgeschleppten anrechnen lassen muss).Der Kläger wurde von einer Bekannten um Starthilfe für ihr Fahrzeug gebeten. Er schleppte ihr Fahrzeug mit seinem eigenen PKW ab. Nachdem der Motor des abgeschleppten Fahrzeugs angesprungen war, brachte der Kläger sein Fahrzeug am linken Fahrbahnrand zum Stillstand, um das Abschleppseil zu entfernen. Der Abstand der Fahrzeuge zum rechten Fahrbahnrand war so schmal, dass ein anderes Fahrzeug nur äußerst langsam und vorsichtig kollisionsfrei vorbeifahren konnte. Als der Kläger aus seinem PKW ausstieg, kam ihm das von der Erstbeklagten gelenkte und bei der Zeitbeklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug entgegen und blieb vor seinem PKW stehen. Der Kläger machte ein Handzeichen, das die Lenkerin so verstand, dass sie stehen bleiben solle und nach Entfernung des Seils weiterfahren könne. Der Kläger löste zuerst das Abschleppseil an seinem Fahrzeug; um das Seil beim abgeschleppten Fahrzeug zu lösen, musste er zum Teil unter dieses kriechen, wobei er auf dem Rücken lag und sein linkes Bein ausgestreckt in die freie Fahrbahnhälfte ragte. Ohne Wissen und Willen des Klägers winkte daraufhin die Lenkerin des abgeschleppten Fahrzeugs der Erstbeklagten, diese könne nun am Fahrzeug des Klägers vorbeifahren, worauf diese mit Schrittgeschwindigkeit losfuhr und den Fuß des Klägers überrollte. Der OGH führt in 2Ob33/06a aus, dassDer Begriff „Betrieb" iSd § 1 EKHG dahin zu verstehen ist, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges bestehen muss.Daher:Der Abschleppvorgang war hier aber faktisch abgeschlossen, sein Zweck, nämlich die Starthilfe war erreicht. Eine unmittelbar auf die Triebkraft des schleppenden Fahrzeuges zurückzuführende
Betriebsgefahr (1 Ob 42/04i) konnte sich aufgrund der bereits gelösten Seilverbindung nicht mehr verwirklichen.
Winken kann gefährlich sein !

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Michael Kadlicz

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