Rechtsprechung

Sonntag, 18. Juni 2006

Salamander, Geckos und Einhörner

Tierisches aus Alicante:

2 Bildzeichen standen zum Vergleich an.
salamander
und
gecko
Dazu hat die Widerspruchsabteilung ebenso treffend wie humorvoll folgendes ausgeführt:Die Feststellung, ob die Zeichen dem Sinne nach ähnlich sind, hängt von der Konzeption und der Grundkenntnisse in Sachen Lurche und Gekkonidae seitens der angesprochenen Verbraucher ab. Daß die meisten normalen Personen nicht direkt den Unterschied zwischen Haftzehern und Schwanzlurchen kennen, muß der Widersprechenden zugestanden werden. Daß sie überhaupt nichts von diesen Tieren wissen, weil sie sie noch nie gesehen haben, muß ernsthaft bezweifelt werden. Es ist tatsächlich unwahrscheinlich, daß tagsüber (oder sogar nachts) in den deutschen, englischen oder französischen Städten große Gruppen Waranen oder Wüstensalamander unterwegs sind, aber wer hat zu Hause keinen Fernseher und wer war noch nie im Tiergarten? Man kann sich auch viele Personen vorstellen, die wahrscheinlich nie in ihrem Leben einen Elefanten im Dschungel gesehen haben, aber trotzdem wissen, daß der afrikanische größere Ohren hat als der indische.Das ist große Kunst !

Entscheidung Nr. 1117/2005
vom 29/03/2005
über den Widerspruch Nr. B 576 597

Sehr schön ist auch die Beurteilung der (gescheiterten) Marke ROLL-N-LOCK. Dazu die Beschwerdekammer:The word ‘and’ is commonly written as the contraction ‘n’ in informal English. It is practically ubiquitous in the field of advertising and popular culture (fish ’n chips, pick’n’mix, rhythm’n’Blues, Guns N’Roses). It barely needs stating that the same applies to the use of hyphens. Therefore it is difficult to lend credibility to the idea that the use of these common linguistic devices in the sign makes it a unicorn among trade marks. It is not one of a kind; it is one of a very large number.So ist es wohl.

R 1089/2005-2

Österreichische Gerichte sollten hie und da auch 'mal über ihren so ernsthaften Schatten springen. Wir rechtsunterworfenen haben eh so wenig zu lachen.

Herzlichen Dank wieder einmal an Wolfgang Schramek für den Hinweis !!

Montag, 12. Juni 2006

Fahren muss er schon

Auf Gewährleistung kann man verzichten (soweit man nicht Konsument ist und einem ein Unternehmer etwas verkauft). Ein Bauer ist, wenn er einen Traktor kauft, auch Unternehmer.
Der Bauer, mit dem sich der OGH in 6 Ob 272/05a auseinandergesetzt hat, hat auf Gewährleistung verzichtet. Der Traktor hat aber schon nach kürzester Zeit den Geist aufgegeben.Bei Kauf eines Gebrauchtwagens von einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler mit Werkstättenbetrieb gilt nach der Rechtsprechung die Fahrbereitschaft - und damit die Verkehrs- und Betriebssicherheit - als schlüssig zugesichert (SZ 71/88; vgl auch SZ 63/160). Die selben Grundsätze müssen für den Kauf eines Traktors bei einem gewerblichen Lagerhaus gelten. Dass ein Getriebeschaden keine normale Verschleiß- oder Abnützungserscheinung darstellt, die bei einem gebrauchten Fahrzeug hingenommen werden müsste (JBl 1990, 655; RIS-Justiz RS0018466), bedarf keiner Ausführungen.Ergebnis: € 17.000,-- Reparaturkosten und ca. € 13.500,-- an Verfahrenskosten, die vom Verkäufer zu tragen sind.

(via diepresse.com)

Montag, 5. Juni 2006

Ohne Wissen und Willen

Ein Verkehrsunfall, der unter "blöd gelaufen" fällt und nebenbei die Frage löst, wie lange das "Abschleppen" eines Fahrzeugs dauert (solange kann nämlich der Abgeschleppte Betriebsgehilfe des Abschleppenden sein, sodass sich dieser ein Verschulden des Abgeschleppten anrechnen lassen muss).Der Kläger wurde von einer Bekannten um Starthilfe für ihr Fahrzeug gebeten. Er schleppte ihr Fahrzeug mit seinem eigenen PKW ab. Nachdem der Motor des abgeschleppten Fahrzeugs angesprungen war, brachte der Kläger sein Fahrzeug am linken Fahrbahnrand zum Stillstand, um das Abschleppseil zu entfernen. Der Abstand der Fahrzeuge zum rechten Fahrbahnrand war so schmal, dass ein anderes Fahrzeug nur äußerst langsam und vorsichtig kollisionsfrei vorbeifahren konnte. Als der Kläger aus seinem PKW ausstieg, kam ihm das von der Erstbeklagten gelenkte und bei der Zeitbeklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug entgegen und blieb vor seinem PKW stehen. Der Kläger machte ein Handzeichen, das die Lenkerin so verstand, dass sie stehen bleiben solle und nach Entfernung des Seils weiterfahren könne. Der Kläger löste zuerst das Abschleppseil an seinem Fahrzeug; um das Seil beim abgeschleppten Fahrzeug zu lösen, musste er zum Teil unter dieses kriechen, wobei er auf dem Rücken lag und sein linkes Bein ausgestreckt in die freie Fahrbahnhälfte ragte. Ohne Wissen und Willen des Klägers winkte daraufhin die Lenkerin des abgeschleppten Fahrzeugs der Erstbeklagten, diese könne nun am Fahrzeug des Klägers vorbeifahren, worauf diese mit Schrittgeschwindigkeit losfuhr und den Fuß des Klägers überrollte. Der OGH führt in 2Ob33/06a aus, dassDer Begriff „Betrieb" iSd § 1 EKHG dahin zu verstehen ist, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges bestehen muss.Daher:Der Abschleppvorgang war hier aber faktisch abgeschlossen, sein Zweck, nämlich die Starthilfe war erreicht. Eine unmittelbar auf die Triebkraft des schleppenden Fahrzeuges zurückzuführende
Betriebsgefahr (1 Ob 42/04i) konnte sich aufgrund der bereits gelösten Seilverbindung nicht mehr verwirklichen.
Winken kann gefährlich sein !

Mittwoch, 31. Mai 2006

Entziehung von Energie

Es gibt Straftatbestände, die schaffen es sehr selten in eine Hauptverhandlung. Dazu zählt ganz sicher § 132 StGB. § 132. (1) Wer mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, aus einer Anlage, die der Gewinnung, Umformung, Zuführung oder Speicherung von Energie dient, Energie entzieht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Wer Energie entzieht, deren Wert 3 000 Euro übersteigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, wer Energie im Wert von mehr als 50 000 Euro entzieht, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Auf so einen seltenen Fall bin ich in den Salzburger Nachrichten gestoßen.

Samstag, 20. Mai 2006

Kühe und PKWs

Es ist schön, wenn sogenannte "Entscheidungsorgane" trotz der angeblich so trockenen juristischen Materie ihren Humor nicht verlieren.
Und so kommen in einer Entscheidung (Pdf) der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt zwei grundsätzlich verschiedene Erscheinungen zu Ehren:
Eine Kuh und ein Personenkraftwagen. Wie das ?Zunächst ist zu festzustellen, dass die Tatsache, dass sich fast alle möglichen Waren und Dienstleistungen mit einer Kreditkarte erwerben lassen, nicht dazu führen kann, dass Waren und Dienstleistungen der unterschiedlichsten Art als markenrechtlich ähnlich angesehen werden. Ein Personenkraftwagen wird nicht einer Kuh ähnlich, nur weil die beiden sich mit Hilfe einer Kreditkarte erwerben lassen. Insofern ist der angefochtenen Entscheidung zuzustimmen.Ich kenne mich mit dem Erwerb von Kühen nicht so aus, aber das Argument hat was für sich.

Herzlichen Dank an Wolfgang Schramek für den Hinweis, der sozusagen an der Quelle, nämlich in Alicante, sitzt.

Dienstag, 18. April 2006

Zwischen Talar und Raddress

Die Durchführung einer Verhandlung im Raddress mit überwiegend nacktem Oberkörper entspricht auch unter Berücksichtigung besonderer örtlicher Gegebenheiten (Almgebiet auf ca 1.200 m Seehöhe) und extrem hoher Temperaturen nicht dem Ansehen eines eine Verhandlung leitenden Richters.

OGH Ds11/05 entdeckt in der Presse

Ich nehme an, das würde auch für Anwälte gelten...

Dienstag, 4. April 2006

Sie haben gewonnen !

Eine erfreuliche Mitteilung, die täglich in tausenden Haushalten eintrudelt. Es sei nur noch bekanntzugeben, was für einen Gewinn man ganz genau "abrufen" möchte - per kostenpflichtiger Hotline, oder nach Entrichtung eines "Verwaltungsbeitrages".
Danach die üblichen Ausreden, die sich aus dem Superkleingedruckten ergeben.

Das alles ist seit Jahrezehnten bekannt.

Der österreichische Gesetzgeber hat daher mit § 5j KSchG ein wirksames Mittel gegen derartige Geschäftspraktiken geschaffen. Wer so tut als hätte der Konsument etwas gewonnen, der muss auch zahlen.

Der OGH hat in einer langen Reihe von Entscheidungen eine rigorose Anwendung von § 5j KschG vertreten.

Nicht anders in einer neuen Entscheidung, die ich im Kurier entdeckt habe.
2Ob31/04d beschäftigt sich mit einem besonders unangenehmen Fall für den vollmundigen Gewinnversprecher. Der Gewinner erhält nämlicheinen fabriksneuen PKW der Marke VW Polo, viertürig, mit schwarzer Lackierung und Lederinnenausstattung, ein Sparbuch in der Höhe von EUR 5.000, einen fabriksneuen PKW der Marke Audi A2, ein Sparbuch in der Höhe von EUR 5.087,10 (S 70.000) sowie EUR 109.285,52Dabei hält der OGH fest, dass die Entscheidung der Unterinstanzen der herrschenden Rechtssprechung entspricht und lässt daher die Revision nicht zu, obwohl das OLG Wien der Ansicht war, dass zum konkreten Problem noch keine Rechtssprechung des OGH vorliegen würde.Rechtlich entscheidend ist nach mittlerweile ständigerRechtsprechung lediglich, ob die Zusendung von vornherein keinen Zweifel offen lässt, dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss (aus dem Urteil).Das ist aber nur ein Etappensieg. Die überaus seriösen Gewinnversprecher neigen nämlich regelmäßig dazu sich elegant in eine Insolvenz zu verabschieden, wenn die Masche nicht ganz so läuft wie beabsichtigt.

Dienstag, 21. März 2006

Ergebnis

Ich bin noch das Urteil in der Staatsaffaire um schwer verletzte Finger schuldig.
Und gleich vorweg muss ich Abbitte leisten. Der Polizist war überhaupt nicht wehleidig und mühsam, sondern ganz im Gegenteil sehr fair und symphatisch. Er hat ausgesagt, dass er nicht mehr genau sagen könne, wie die Verletztung zustande gekommen ist und ausserdem war nach ein paar Stunden schon nichts mehr zu spüren.

In diesem Faktum ist daher ein FREISPRUCH erfolgt.

Die anderen Kleinigkeiten (es sind nach dem Strafantrag noch einige Diebstahlsfakten dazugekommen) haben trotzdem für 12 Monate davon 2 unbedingt gereicht.

Montag, 20. März 2006

Urlaubsverbrauch in der Kündigungsfrist

Natürlich kommt es - wie immer - auf den Einzelfall an, aber die Richtung ist klar: Nach Aufhebung des § 9 UrlG aF durch das ARÄG 2000 besteht -ausgenommen Rechtsmissbrauch - keine Obliegenheit des Arbeitnehmers mehr, den Urlaub in einer längeren Kündigungsfrist zu verbrauchen.Das ist der Leitsatz der Entscheidung 9 Oba 144/05z in der sich der OGH mit diesem beliebten Thema auseinandersetzt.
Gefunden in der Presse.

Donnerstag, 23. Februar 2006

Nichts für schwache Nerven

Liebe Leser !
Vorsicht der nachstehende Beitrag ist nur für wirklich Hartgesottene.
Ich zitiere aus einem Strafantrag der Staatsanwaltschaft.

Die Strafdrohung für dieses brutale Vorgehen liegt bei immerhin 6 Monate bis 5 Jahre.

K. hat am ....in T.
1. fremde bewegliche Sachen, nämlich 5 Pkg Rasierklingen der Marke Gilette im Gesamtwert von € 79,75, Verfügungsberechtigten der Firma D. mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Diebstahl gewerbsmäßig beging;
2. dadurch, dass er Gr.Insp. S. mit beiden Händen einen Stoß gegen den Oberkörper versetzte und sich vom ihn festhaltenden Genannten losriss, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme, gehindert;
3. durch die unter Punkt 2. beschriebenen Handlungen den Gr. Insp. S. infolge Zufügung einer Prellung des linken Kleinfingers vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat an einem Beamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben begangen worden ist.

K. hat hiedurch
zu 1. das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 StGB;
zu 2. das vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB;
zu 3. das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z4 StGB
begangen.


Höchststrafe wie gesagt 5 Jahre.
Ich werde nach der Hauptverhandlung über den Ausgang berichten.
Die Hervorhebungen stammen von mir.


Impressum :

für den Inhalt verantwortlich:

Michael Kadlicz

Rechtsanwalt

2700 Wiener Neustadt

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